Härten

Härten von Verzahnungsteilen – Gastbeitrag der Härterei Gerster AG

In einigen unserer Beiträge haben wir die Wärmebehandlung und das Härten von Verzahnungsteilen angesprochen. Im Ersten Moment erscheinen diese Ausdrücke als selbstredend. Aber wir sind der Meinung, dass Details zu diesem interessanten Verfahren bestimmt nicht bekannt sind.

Deshalb freut es uns, dass sich unsere langjährige Partnerin – die Härterei Gerster AG – bereit erklärt hat, den untenstehenden Gastbeitrag zu diesem Thema zur Verfügung zu stellen. Schliesslich ist sie Profi auf diesem Gebiet. Herzlichen Dank auf diesem Weg!
Und nun: viel Spass bei der Lektüre.

GROB AG Nebikon, Ursula Hofer

Einleitung

Verzahnungen haben ein typisches und gut untersuchtes Belastungsprofil. Diese ergeben sich aus dem System. Im Wesentlichen werden zwei Belastungsfälle und Angriffsorte definiert:

  1. Verschleiss auf den Zahnflanken:
    Beim Ineinandergreifen der Zähne kommt es zu einer Kraftübertragung. Dabei berühren sich die Zahnflanken der Gegenzähne. Es kommt zu einer Abroll- und Gleitbewegung auf der Oberfläche der Flanken. Diese Bewegung erzeugt einerseits Verschleiss an der Oberfläche und unter der Oberfläche hohe Druckkräfte aufgrund der Hertzschen Pressung. Je höher diese Pressung ist, desto tiefer liegt das Maximum der Druckkräfte.
  2. Im Zahngrund kommt es zu einer Spreizung:
    Es entstehen Kräfte, die den Zahngrund auseinanderdrücken. Diese Kräfte dürfen die Streckgrenze im Zahngrund nicht überschreiten und auch nach langer und wiederholter Einwirkung (Ermüdung) nicht zum Riss und anschliessenden Versagen der Verzahnung führen.

Wozu härten?

Die Wärmebehandlung von Verzahnungsteilen orientiert sich an den oben beschriebenen Belastungen. Da Zahngrund und Zahnflanke örtlich nahe beieinanderliegen, bietet es sich in vielen Fällen an, beide Belastungen durch die gleiche Wärmebehandlung zu kontrollieren.

  1. Im Bereich der Zahnflanke wird eine ausreichende Härte an der Oberfläche und eine Einhärtetiefe benötigt, die tiefer ins Material eindringt als die maximalen Druckkräfte der Hertzschen Pressung.
  2. Im Zahngrund wird nicht eigentlich Härte aber Druckeigenspannungen verlangt. Diese sollen so sein, dass die Oberfläche des Zahngrunds auch bei äusserer Krafteinwirkung überdehnt wird. So kann auch bei wiederholter Einwirkung kein Riss entstehen. Die Verzahnung ist «ermüdungsresistent».

Härteverfahren

Verschiedene Lösungswege bieten sich an. Dabei ist zu beachten, dass die Wärmebehandlung nicht isoliert betrachtet werden kann. Vielmehr ist sie ein Glied in der gesamten Fertigungskette. Sowohl Material als auch Fertigungsart müssen mit der Wärmebehandlung in Einklang gebracht werden.

  • Einsatzhärten:
    Weite Verbreitung findet das Einsatzhärten. Der Grundwerkstoff ist vorzugsweise ein legierter Einsatzstahl. Geschwefelte Varianten haben den Vorteil der besseren Zerspanung. Neben der Oberflächenhärte ist die Einsatzhärtetiefe (CHD = Case Hardening Depth) entscheidend. Sie muss ausreichend gross sein, um die hohen Kräfte unter der Oberfläche aufgrund der Hertzschen Pressung zu tragen. V.a. grosse Härtetiefen verlangen nach legierten Einsatzstählen, die eine bessere Einhärtbarkeit besitzen. Im Zahngrund bilden sich beim Einsatzhärten günstige und erwünschte Druckeigenspannungen.
  • Randschichthärten:
    In diesem Fall muss der Grundwerkstoff direkt härtbar sein. Der Kohlenstoffgehalt muss ausreichen, um Härten > 55 HRC zu erzielen. In vielen Fällen kommen unlegierte oder niedriglegierte Vergütungsstähle wie der C45E, 42CrMo4 oder der 58CrV4 zum Einsatz. Insbesondere bei grossen Modulen kann es sein, dass die Härtung des Zahngrunds und der -flanke unterschiedlich ausgeprägt und den jeweiligen Anforderungen optimal angepasst ist.
  • Nitrieren:
    Bei kleinen Modulen wird mehr und mehr Gasnitrieren verwendet. Die klassischen Nitrierstähle sind etwas schwieriger zu bearbeiten als Vergütungs- und Einsatzstähle. Aufgrund der niedrigen Prozesstemperatur beim Nitrieren kommt es generell zu geringeren Mass- und Formänderungen. So wird der Aufwand zur Nachbearbeitung nach der Wärmebehandlung oft massiv reduziert oder fällt komplett weg. Die erreichbare Härtetiefe beim Nitrieren ist jedoch beschränkt.

Härterei Gerster AG, P.Margraf / B.Reinhard